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05.10.-02.12.2018
Eröffnung: Donnerstag, 4. Oktober 2018, 19 Uhr

200 Jahre // Ausstellung

Kathy Acker
GET RID OF MEANING

mit Beiträgen von
Eleanor Antin, Alan Benson, Ruth Buchanan, Pauline Boudry & Renate Lorenz, Kathy Brew, Kaucyila Brooke, William S. Burroughs, Jonathan Dawson, Michel Delsol, Leslie Dick & Audrey Wollen, Diane DiMassa & Freddie Baer, Michael du Plessis, Michael Hemmingson, Lynn Hershman Leeson, Gary Indiana, Anja Kirschner, Robert Kushner, Olivia Laing, Marcus Leatherdale, Sylvère Lotringer, Jackson Mac Low, Jo Mazellis, The Mekons, Karolin Meunier, Ulrike Müller, Lil Picard, Jill Posener, Steve Pyke, Val Rauzier, Natascha Sadr Haghighian, Carolee Schneemann, Alan Sondheim, Kika Thorne, Cesar Vallejo, Del LaGrace Volcano

GET RID OF MEANING ist die erste umfassende Präsentation der amerikanischen Avantgarde-Schriftstellerin, Poetin und Essayistin Kathy Acker (*1947 New York City, gestorben 1997 in Tijuana, Mexiko). Acker ist eine der wichtigsten Schriftsteller*innen des 20. Jahrhunderts, deren Werk Autor*innen, Philosoph*innen und Künstler*innen bis heute beeinflusst. Von Anfang der 1970er bis Ende der 1990er Jahre schrieb sie zahlreiche Romane, Essays, Gedichte und Novellen. Acker war Post-Punk Feministin und Plagiatorin; ihre experimentellen Texte verorten sich zwischen den Praktiken des Postmodernismus und der Avantgarde und stehen den Werken von Gertrude Stein, Georges Bataille, William S. Burroughs und Marguerite Duras nahe. Angetrieben von ihrer Empörung angesichts repressiver Geschlechterverhältnisse und eines kapita-listischen, patriarchalen Systems schrieb sie revolutionäre Romane mit innovativen literarischen Techniken, die sie selbst erfand. Mit stilistischer und inhaltlicher Radikalität widersetzte sie sich den Konventionen von Geschlecht, Rasse, Eigentum und Narrativ. 

GET RID OF MEANING ist ein mehrteiliges Rechercheprojekt, das eine Ausstellung und ein dreitägiges Symposium mit internationalen Teilnehmern*innen aus Literatur, Theorie und Kunst umfasst. Die Ausstellung betrachtet Kathy Acker aus der Perspektive ihres Schreibens. Neben ihrem literarischen Werk schuf Acker ein performatives Ich, eine sorgfältig inszenierte Künstlerinnen-Persona, die dem performativen, eklektischen Charakter ihrer Texte entspricht. Anhand von vier Werken aus drei Schaffensphasen werden Fragen zu Feminismus, Performance, Bibliophilie und zu der Verbindung zwischen bildender Kunst und Literatur miteinander verknüpft. The Childlike Life of the Black Tarantula und Blood and Guts in High School markieren Anfang und Ende von Kathy Ackers Auseinandersetzung mit Identität. In Memoriam to Identity stammt aus der mittleren Schaffensperiode mit einer dekonstruktiveren Haltung, während Pussy, King of the Pirates als Ackers letzter Roman ihr wieder erwachendes Interesse an der Mythologie widerspiegelt. 

Buchcoverdesigns, Artefakte und eine Serie fotografischer Porträts widmen sich Ackers performativen Strategien, die sich bereits in ihrem frühesten Werk offenbaren, das sie unter dem Pseudonym der „Black Tarantula“ veröffentlichte. Zahlreiche Manuskripte, Skizzen, Notizbücher, Fotografien, Musik- und Audioaufnahmen, Videos und Bücher aus Kathy Ackers persönlichem Archiv werden in diesem eher dokumentarischen Teil der Ausstellung präsentiert. Viele dieser Dokumente werden erstmals öffentlich zu sehen sein. Ergänzt werden die Archivalien von einer Leseecke mit allen erhältlichen Texten Ackers und einer Installation mit Büchern aus ihrer privaten Bibliothek, die sich jetzt als Kathy Acker Reading Room in der Universität zu Köln befindet.

Kathy Acker stand dem Kunstkontext der 1970er Jahre sehr nahe, was zu einer Verankerung ihres Schreibens im konzeptuellen Denken sowie zu ihrem Interesse an einer prozessorientierten Arbeitsweise führte. Sie war zudem mit den Werken struktureller Filmemacher*innen und Komponist*innen eng vertraut. Die aus-gewählten künstlerischen Beiträge der Ausstellung nehmen auf Kathy Ackers schriftstellerisches und performatives Werk Bezug. Fotografien und Filme von Ackers Künstlerin-Kolleginnen Eleanor Antin, Carolee Schneemann und Lynn Hershman Leeson reflektieren ähnliche Fragen zu Performativität und dem weiblichen Körper. Die Performance Tasting and Spitting (1975) von Lil Picard mit Kathy Acker referiert auf den rituellen Akt des Spuckens zwischen Publikum und Performer sowie auf die Semiotik der Punkbewegung. Zudem wurden Künstler*innen und Schriftsteller*innen eingeladen, ihre bereits existierenden oder für die Ausstellung neu konzipierten Arbeiten zu präsentieren, die sich direkt auf Kathy Ackers Werk oder ihre Person beziehen. Die Installationen von Pauline Boudry & Renate Lorenz, Natascha Sadr Haghighian und Ruth Buchanan arbeiten mit ausgewählten Texten Ackers oder beziehen sich auf ihrer Strategie der Aneignung und Neukombination, um sich Themen wie Körperpolitik, Transidentität und Strategien der Ermächtigung anzunähern. Leslie Dick & Audrey Wollen, Ulrike Müller und Karolin Meunier produzieren neue textbasierte Arbeiten, mit Fragen zu Plagiarismus, Methoden des Schreibens, Copyright sowie der Verbindung von Bibliographie und Freundschaft. Kaucyila Brooke zeigt Teile ihrer bestehenden fotografischen Serie Kathy Acker’s Clothes, die für die Ausstellung speziell ausgewählt wurden.

GET RID OF MEANING spürt Ackers Präsenz in ihren Texten und ihrem performativen Selbst nach und zeigt, wie visionär ihre Ansätze waren, in denen sie die aktuellen Diskussionen um Geschlecht, Macht und Identität vorwegnahm. Die Ausstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder an eine an sich geschlossene Narration. Stattdessen offeriert das Projekt Hinweise, Fragmente und Einblicke in ein revolutionäres Werk, dessen neue ästhetische Formen zugleich neue Technologien des Selbst entwerfen.

Kuratiert von Matias Viegener und Anja Casser

Wissenschaftlicher Assistent: Daniel Schulz
Ausstellungsdesign: Fotini Lazaridou-Hatzigoga

In Kooperation mit dem Englischen Seminar I der Universität zu Köln.

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