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19.07.-16.09.2018
Mittwoch, 18.07., 19 Uhr

200 Jahre // ALLIANZEN 04

200 YEARS YOUNG SONGS

Maxime Hourani / Mehtap Baydu

Die Ausstellung 200 Years Young Songs mit zwei neuen künstlerischen Produktionen beruht auf einem in zwei Teilen stattfindenden Gemeinschafts-projekt. Vor dem Hintergrund der 200-Jahr-Feier des Badischen Kunstvereins befasst sich das Projekt mit den kulturellen, historischen und politischen Gegebenheiten Karlsruhes. Bei ihren Rechercheaufenthalten in Karlsruhe haben sich die geladenen Künstler*innen Maxime Hourani und Mehtap Baydu auf das Gespräch mit lokalen Gemeinschaften, Fachleuten und Organisationen kon-zentriert. Darüber hinaus gingen aus ihren Archivrecherchen, aus der Auseinan-dersetzung mit den Erinnerungen und Geschichten der Stadt eine Ausstellung, performative Veranstaltungen, gemeinschaftliche Aktivitäten und kritische Aussagen nicht nur über den geografischen Ort, sondern auch über unsere Zeit hervor.

Die Arbeit des in Beirut und Malmö ansässigen Künstlers Maxime Hourani basiert auf dem gemeinsamen Schreiben und Singen von Liedern durch Gespräche, Workshops und den Austausch individueller Geschichten zu Vertreibung, Umsiedlung und (Post-)Migration. Der erste Teil von Houranis Beitrag zum Projekt 200 Years Young Songs fand beim Festakt des Badischen Kunstvereins am 1. Mai statt. Hourani hatte den Musiker Kian Jazdi eingeladen, die humoristischen Vorstudien zu einem Liede für den Kunst-Verein (1843) in sieben der meistgesprochenen Fremdsprachen in Deutschland und mit Modifizierungen geschlechtsspezifischer Substantive vorzutragen.

In The Friend of My Friend is a Bear wird die Geschichte der Natur, der Institution, des Feierns und der Menschheit als Ausgangspunkt genommen, um nach den Akteur*innen der kommenden 200 Jahre Ausschau zu halten. Maxime Hourani lädt Mitglieder der Karlsruher Vereine, die sich mit Natur, Naturschutz und Migration beschäftigen, ein, bei einer Neuauflage des historischen Tafelfestes zum 25-jährigen Jubiläum des Kunstvereins am Samstag, den 21. Juli im Botanischen Garten des KIT ihre Gedanken zu Themen wie Gemeinschaft und Kollektivität auszutauschen. Das lebendige Endresultat dieses Projekts wird vom Künstler zur Verfügung gestellt und im Rahmen von 200 Years Young Songs im Badischen Kunstverein vom Wind, von der Erde und von den Pflanzen in die Welt getragen.

Getrieben von dem Verlangen, Karlsruhe mit den Klängen, Stimmen und Liedern zu verbinden, die mit dem Kurdischen nach Deutschland gelangt sind, besucht die Berliner Künstlerin Mehtap Baydu ihr Heimatdorf in Bingöl, Ostanatolien. Das Dorf ist auf Türkisch unter Sudüğünü und auf Kurdisch unter Mazrê/Mêlkun bekannt. Unter Rückgriff auf ihre kurdischen Wurzeln und familiären Beziehungen filmt sie Dêrık, einen traditionellen kurdischen Klagegesang, der als privates, persönliches Ritual aus mündlicher Überlieferung nur von Frauen praktiziert wird. Die Künstlerin inszeniert jede Darbietung in einem Setting, das für die jeweilige Frau einen intimen Raum darstellt: Ein Wohnzimmer, eine Küche oder ein Garten wird zur Plattform für ihre improvisierten Texte aus persönlichen, kritischen und satirischen Anekdoten über ihren Alltag, menschliche Beziehungen, Natur, Land, Zugehörigkeit und lokale Politik. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Badischen Kunstverein und Mutterzunge, einem unabhängigen Programm für Veranstaltungen, Installationen und andere Formen des Engagements in Berlin. Baydus Projekt wird im Babylon-Kino in Berlin und im Badischen Kunstverein gezeigt. Eine kontextsensitive Abwandlung von Dêrık wird als Videoinstallation im Waldstraßensaal des Badischen Kunstvereins zu sehen sein. 

Ziel des Projekts ist es, die vielfältige kulturelle Landschaft Karlsruhes mit den Vorstellungen von musikalischem Denken, kollektivem Gedächtnis und der Vergegenwärtigung des kulturellen Erbes zu verbinden. Es hinterfragt das verborgene Schweigen in unseren Beziehungen, Gemeinschaften und unserer Gesellschaft auf verschiedenen Ebenen der Isolation und lädt zu kurzen Eindrücken und einfachen Übungen ein, um zu verstehen, was Zugehörigkeit heute bedeutet. Gerade vor dem Hintergrund von Migration, Wandel und kultureller Transformation fordert 200 Years Young Songs, dass wir zusammenstehen.

Kuratiert von Misal Adnan Yıldız & Didem Yazıcı
Projektassistenz: Diane Hillebrand

Im Rahmen der Ausstellung findet ein Dêrık-Workshop mit Mehtap Baydu statt.

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