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05.02.-05.04.2010

Ausstellung

Susanne M. Winterling

Through the looking glass


Susanne M. Winterling, o.T. (Through the looking glass II), 2010
Ortsspezifische Installation
Foto: Stephan Baumann

Susanne M. Winterling hat für ihre Einzelausstellung mit dem Titel „Through the looking glass“ verschiedene ortsspezifische Interventionen entwickelt, die sich über alle Ausstellungsebenen des Badischen Kunstvereins erstrecken. Sie beinhalten ein breites Spektrum an Medien: von Fotografie über Film, Collagen und Objekten bis hin zu Architekturbezogenen Installationen. Mit einer hohen kinematographischen und bildhauerischen Sensibilität ordnet die Künstlerin diese unterschiedlichsten Formate und Materialien in immer neuen und überraschenden Konstellationen an, die pointiert auf die jeweilige räumliche Situation reagieren.

So stehen auch Winterlings neue installative Arbeiten für „Through the looking glass" in einem engen Bezug zur Geschichte und Architektur des Badischen Kunstvereins. Der bürgerliche Identitätsentwurf – maßgeblich für die Gründung des Kunstvereins und die Entstehung seines repräsentativen Gebäudes – wird zum Ausgangspunkt für eine Reise durch die Räume der Institution. Winterling lenkt dabei den Blick auf die verschiedenen Insignien und Spuren einer bürgerlichen Kultur, die der Aufmerksamkeit für gewöhnlich entgehen oder unter den vielen Schichten baulicher Veränderungen ansonsten verborgen bleiben. Ihre Interventionen treten dabei in einen spielerischen, manchmal auch aggressiven oder imaginativen Dialog mit der Architektur. Elemente aus der Welt des Kinos, dadaistische Referenzen oder Motive des Trashs entwerfen ein konkretes Gegenbild zur klassischen Strenge des White Cube.

Im engen Zusammenhang mit dieser Frage nach den verschiedenen Orten, Foren und hierarchischen Strukturen bürgerlicher Öffentlichkeit steht ein weiteres Motiv der Ausstellung: das der (weiblichen) Adoleszenz auf der Schwelle zur Individuation und Selbstfindung. Welchen Einfluss hat das bürgerliche Konzept auf die Heranwachsenden und die Ausbildung ihrer eigenen Identität? Welche Gegenentwürfe entstehen als Formen des jugendlichen Protests, welche Strategien der Anpassung? Schmuck, Porzellanfiguren und Referenzen an die Punk- und Gothic-Kultur sind nur einige von Winterlings konkreten Verweisen auf die – auch biografisch motivierten – Obsessionen aus der Teenagerzeit. Auf einer formalen Ebene begegnet die Künstlerin diesen Fragen nach Identität und Individualität vor allem durch den wiederkehrenden Einsatz von Spiegeln. Der Spiegel stellt dabei zugleich ein Modul sozialer und politischer Reflexionsdynamiken dar, wie auch ein wichtiges Instrument zur Selbsterforschung und -vergewisserung. Allerdings basiert der Blick in den Spiegel als Suche nach dem eigenen Ich immer nur auf einem Abbild, einer Projektion – für Winterling der entscheidende Anknüpfungspunkt für ihre Inszenierung einer parallelen Welt, die sie den gängigen Normen und Konventionen im Ausstellungsraum gegenüberstellt.

Waldstraßensaal
„Hall of Fame“
...To Know that We Live in the Same Reality, as Brothers Would Live in the Same House...

Eng verknüpft mit Winterlings Untersuchungen zur Identitätskonstruktion ist ihr Konzept einer „Hall of Fame“ im Waldstraßensaal des Kunstvereins. Bereits in früheren Arbeiten bezieht sich die Künstlerin auf so bedeutende Frauen wie die Architektin und Designerin Eileen Gray, die Fotografin Berenice Abbott oder die Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach, die paradigmatisch für einen weiblichen Kampf um Autonomie und künstlerische Freiheit in einer zumeist männlich dominierten Geschichte der Moderne stehen. Diesen historischen Vorbildern werden noch weitere, bis in die Gegenwart reichende Referenzen zur Seite gestellt und die Protagonistinnen in einer gemeinsamen Installation zusammengeführt. Seit einigen Jahren arbeitet Winterling außerdem an der Herausgabe des Briefwechsels zwischen Annemarie Schwarzenbach und der amerikanischen Schriftstellerin Carson McCullers aus den Jahren 1941/42. Einige der erhaltenen Briefe sowie weiteres Dokumentationsmaterial in Form von Zeitungsausschnitten und Fotografien werden nun erstmals in der „Hall of Fame“ präsentiert. Die von Winterling herausgegebene Publikation erscheint im April 2010 bei Passenger Books.

Die Ausstellung findet in Kooperation mit der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen statt.

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Susanne M. Winterling, Teen Beat I, 2010
Wandinstallation mit Fotografien
Foto: Stephan Baumann

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Susanne M. Winterling, Schachhirn (Space-Odyssee 2010), 2010
Ortsspezifische Rauminstallation
Foto: Stephan Baumann

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Susanne M. Winterling, "Hall of Fame", 2010
Ortsspezifische Rauminstallation
Foto: Stephan Baumann