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200 Jahre // Jubiläum

200 Jahre Badischer Kunstverein


Abb.: AG 200, Der Tisch, 2017. Courtesy Badischer Kunstverein

In diesem Jahr feiert der Badische Kunstverein sein 200-jähriges Bestehen!

Er ist nicht nur einer der ältesten Kunstvereine Deutschlands und der älteste Kunstverein in Baden-Württemberg, sondern auch die erste Institution der Bildenden Kunst in Karlsruhe. Die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Jubiläum starten mit einem großen Festakt zum Entstehungsdatum des Kunstvereins, der am 1. Mai 1818 gegründet wurde. Mit diesem Festakt beginnt das umfangreiche Programm zum Jubiläum mit vier großen Ausstellungsblöcken und einem Festraum im Lichthof des Badischen Kunstvereins.

Vor den Feierlichkeiten nutzen wir die Zeit für einige Umbauten des historischen Gebäudes in der Waldstraße: Die Räume des Kunstvereins werden flächendeckend saniert. Das Foyer wird neu gestaltet und ein Aufenthaltsort für Besucher*innen und Mitglieder geschaffen (Konzept Mathis Burandt, neue tische, Berlin). Der Festraum zum Jubiläum im Lichthof des Gebäudes wird als Club 2.0.0 von dem Design Studio Schroeder Rauch gestaltet und ermöglicht zahlreiche Begegnungen mit der Geschichte des Vereins. Zugleich finden hier alle Aktivitäten des Festivals statt. Als Gemeinschaftsarbeit wird der Barraum im Durchgang des Kunstvereins von Franz Ackermann, Lucia Dominguez Madeira, Desirée Eppele, Tatjana Gaer und Aljoscha Heims neu ausgestattet.

Während des Umbaus bleiben die Ausstellungsräume geschlossen. Das Kunstvermittlungskollektiv fortda aus Karlsruhe nutzt diese Unterbrechung für die Konzeption eines Pausenraums, der den Bürger*innen der Stadt im März 2018 zur Verfügung steht. fortda wird das gesamte Jubiläumsjahr mit einem pädagogischen Programm begleiten.

Alle Jubiläums-Formate wurden im Hinblick auf die Ausstellungsgeschichte des Kunstvereins konzipiert, inhaltlich wie formal. Künstler*innen und Ausstellungen zu vergangenen Themen wie „Realismus“, „Kunst und Politik“, „Widerstand statt Anpassung“, „Gegen-Bilder“ oder „Kritische Gesellschaften“ werden aus dem Programm herausgegriffen und zeitgenössisch kontextualisiert. Wir werfen einen alternativen Blick auf die Ausstellungsgeschichte – abseits gängiger Methoden – um die Konzeption neuer Fragestellungen und das Auffinden zahlreicher Geschichten zu ermöglichen, die sich nicht nur in dem umfangreichen Archiv des Vereins, sondern vor allen Dingen auch in den persönlichen Erinnerungen der Beteiligten wiederspiegeln. Zugleich geht es in allen Formaten um eine größtmögliche Öffnung des Vereins im Jubiläumsjahr. Unser Ziel ist eine kollektive Betrachtung von Geschichte, die viele engagierte Protagonist*innen und Kollaborateur*innen einbezieht, ihre Stimmen festhält, aber auch viele neue Allianzen anstoßen möchte.

Um sich der Geschichte aus vielfältigen Perspektiven zu nähern und die Ergebnisse für gegenwärtige Diskurse zugänglich zu machen, ist der Kunstverein zahlreiche Allianzen eingegangen. Diese Kooperationsprojekte finden in zwei Kapiteln im Sommer und Herbst des Jubiläumsjahres statt.

Im Architekturschaufenster e.V. in unmittelbarer Nachbarschaft präsentiert der Kunstverein das Ausstellungs- und Rechercheprojekt ITS INTERIOR / AND A FACADE. Von den Architekturen des Badischen Kunstvereins. Die von Gloria Hasnay und Moritz Nebenführ gastkuratierte Gruppenausstellung widmet sich dem im Jahr 1900 eröffneten Gebäude des Vereins in der Waldstraße mit seiner repräsentativen Fassade und variierenden Interieurs. Über die institutionelle Selbstbespiegelung hinaus erklärt die Schau das Vereinsheim zur Fallstudie über den Wandel der räumlichen Parameter des Kunstzeigens – von der Gründung des Badischen Kunstvereins als wegbereitende bürgerlich-aristokratische Institution zur Förderung der Gegenwartskunst im Jahr 1818 bis in die heutige Zeit.

Zum Jubiläum wird die zweite Phase des Archivprojektes 31,2 laufende Meter abgeschlossen. Seit 2012 haben sich Studierende der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe mit den Archivmaterialien und Dokumenten des Badischen Kunstvereins beschäftigt und diese 2015/2016 in einer Ausstellung präsentiert. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse und weiterer Recherchen entsteht eine umfangreiche Archiv-Webseite mit dem Fachbereich Kommunikationsdesign der Staatlichen Hochschule für Gestaltung unter der Leitung von Prof. James Langdon. Zudem finden Seminare zur Methode des „Exhibition Readings“ mit Studierenden der Kuratorenstudiengänge an der Städelschule undder Goethe-Universität in Frankfurt (Leitung Dr. Stephanie Heraeus), der Zürcher Hochschule der Künste (Leitung Prof. Dr. Dorothee Richter) und der HfG in Karlsruhe (Leitung Prof. Anja Dorn) im Kunstverein statt und werden spezifische Aspekte der Ausstellungsgeschichte vertiefen.

Wir fragen zudem nach der feministischen Geschichte des Vereins, u.a. welche Künstlerinnen wurden ausgestellt, wann wurde die erste Frau präsentiert, was erfahren wir über die Näherinnen, die ihren Laden im Erdgeschoß des Vereins hatten, bevor der Lichthof an gleicher Stelle entstand? Wir stellen Ausstellungen mit einem feministischen oder genderübergreifenden Blick vor und kontextualisieren Präsentationen von Künstlerinnen wie der Malerin Sophie Reinhard (Ausstellung 1818), Barbara Hepworth (1966), der Grafikerin Warja Lavater (1973), Miriam Cahn (2012) oder Lubaina Himid (2017). Bei diesem Projekt wird uns Rebecca Stephany gestalterisch und künstlerisch begleiten. Kollektiven Künstlerprojekten wie der Gruppe Rih (Ausstellung 1920) oder der Gruppe Puyk (1970) gilt ebenfalls eine besondere Aufmerksamkeit. Eine weitere Allianz bilden Studierende des Fachbereichs Medienkunst / Künstlerische Fotografie der HfG Karlsruhe. Sie untersuchen die zahlreichen künstlerisch-fotografischen Ausstellungen im Badischen Kunstverein und fragen nach Bedeutung und Entwicklung der Ausstellungsfotografie (Leitung Prof. Susanne Kriemann und Friederike Schäfer). Für die Annäherung an Geschichte und ihre Vermittlung wurden verschiedene Formate oder Gefäße entwickelt.

Neben der Archiv-Website, dem Festraum, den gemeinsamen Recherchen, begleitenden Veranstaltungen und gestalterischen Kooperationen für die Printmedien, die das Jahr begleiten werden, ist uns die mündlich überlieferte Geschichte und ihre Archivierung ein wichtiges Anliegen. Mit welcher Sprache nähern wir uns der Geschichte und welche Narrationen wählen wir für ihre Darstellung? Interviews mit Personen, die am Kunstvereinsgeschehen in unterschiedlicher Funktion teilgenommen haben, werden bereits geführt. Die Audioaufnahmen sind Grundlage eines eigens konzipierten Hörspiels zur Kunstvereinsgeschichte. Es lässt die Vergangenheit akustisch aufl eben und wird im Club 2.0.0 präsentiert.

Wir wollen das Jubiläum nutzen, um uns nicht nur mit der Historie des Vereins zu beschäftigen, sondern insbesondere unseren Blick in die Gegenwart und Zukunft zu werfen: Welche Rolle spielen Kunstvereine und ihr ausgeprägter Bildungsanspruch in der Kunstlandschaft heute und wie können sie ihre bedeutende Funktion in der Zukunft wahrnehmen? Zu diesen und anderen Fragestellungen wird der Badische Kunstverein im Juni 2018 ein großes Sommersymposium ausrichten, das neben den früheren Direktorinnen und Direktoren des Vereins, auch Kolleg*innen aus internationalen Ausstellungshäusern, Künstler*innen, Autor*innen und Theoretiker*innen einlädt.

Das Projekt Two Hundred Years Young Songs – kuratiert von Misal Adnan Yildiz und Didem Yazici – geht anhand von Klängen, Liedern und Texten den verborgenen Geschichten in Gemeinschaften, gesellschaftlichen Gruppen und sozialen Netzwerken nach und möchte „das Kulturelle“ durch eine sensible Auseinandersetzung mit der Geschichte der Stadt, ihrer Migrationsgeschichte und den gegenwärtigen öffentlichen Akteur*innen neu defi nieren. Die Künstler*innen des Projekts, die kurdische Künstlerin Mehtap Baydu und der libanesische Künstler Maxime Hourani, sind zugleich Teilnehmer*innen des Residenzprogramms, das im Jubiläumsjahr Kunstschaffende, aber auch Autor*innen und Kurator*innen einlädt, neue Projekte in Hinblick auf die Programmatik des Kunstvereins zu entwickeln.

Parallel zum Festivalprogramm im Lichthof zeigt der Kunstverein vier Jubiläumsausstellungen, die die Programmatik des Ausstellungsprogramms des Kunstvereins auf unterschiedliche Weise widerspiegeln. Im Rahmen der 24. Europäischen Kulturtage präsentieren wir die erste große Retrospektive des polnischen Künstlerduos KwieKulik in Deutschland. Zwischen 1971 bis 1987 arbeitete Zofia Kulik mit ihrem damaligen Partner Przemysław Kwiek unter dem Namen KwieKulik. Mit ihrer Mischung aus scharfer Sozialkritik und humorvoller Auslegung konzeptioneller Kunst nutzten die beiden Künstler*innen die Kunst als Testfeld für ihr politisches Engagement. Die Ausstellung markiert einen historisch wie aktuellen Fokus des Kunstvereinsprogramms: die Förderung und Vermittlung von Kunst aus mittel- und osteuropäischen Ländern.

Im Sommer widmet sich eine umfangreiche Ausstellung mit wechselnden Präsentationen und Veranstaltungen im Obergeschoß des Kunstvereins der Frage nach der gegenwärtigen Situation künstlerischen Arbeitens in Karlsruhe. Damit nehmen wir Bezug auf eine lokal-politische Debatte und möchten neue Wege und Formen eruieren, wie ein kollektives Engagement für die Kultur in Karlsruhe zukünftig möglich ist. Zu diesem Zweck laden wir Kulturschaffende verschiedener Bereiche und Generationen ein, ihre künstlerische Praxis in den Kunstverein zu verlagern. Zudem möchten wir den verschiedenen Projekträumen, Kollektiven und Netzwerken ein Forum bieten, um ihre Aktivitäten vorzustellen und über gemeinsame Strategien nachzudenken. In diesem Kontext werden auch die Jubiläumsgaben präsentiert, die Professor*innen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe dem Kunstverein zum 200-jährigen Geburtstag überreicht haben.

Im Herbst eröffnet die erste monografische Ausstellung der amerikanischen Schriftstellerin und Künstlerin Kathy Acker (1947 – 1997). Acker verfasste revolutionäre Romane mit innovativen Erzähltechniken, die sie selbst entwickelte. Mit ihrer Radikalität stellte sie gängige Konventionen von Geschlecht, Privateigentum und Nachkriegskapitalismus infrage. Doch nicht nur ihr literarisches Werk ist bemerkenswert; parallel dazu schuf sie ein performatives Ich, eine sorgfältig inszenierte Künstlerinnen-Persona, der sich Ausstellung und Symposium nähern. Co-kuratiert wird die Ausstellung von Matias Viegener, Professor an der CalArts Universität in Los Angeles und Verwalter des Nachlasses von Kathy Acker. Das Symposium wird in Kooperation mit dem Englischen Seminar der Universität zu Köln durchgeführt. Die Verbindung von Literatur, Buch und Kunst spielte im Ausstellungsprogramm des Kunstvereins bereits seit den 1950er Jahren eine Rolle und die Ausstellung zu Kathy Acker ist ein weiteres Ausstellungshighlight zu diesem Thema.

Das Jahr schließt traditionell mit unserer Mitglieder- und Jahresgabenausstellung. Erstmals möchten wir alle noch erhältlichen Jahresgaben des Vereins zeigen und diesen Anlass nutzen, um einige ausgewählte Werke zu verlosen. Dieses Ereignis nimmt direkt Bezug auf die Anfänge der Kunstvereine, die Kunstwerke per Losverfahren verkauften. Für die Mitgliederausstellung möchten wir alle Künstler*innenmitglieder bitten, ihre einzureichenden Arbeiten in Hinblick auf den Geburtstag des Vereins neu zu entwerfen, sei es auf die Geschichte des Vereins, seines Hauses oder auch nur auf die 200 als beeindruckende Zahl.

TEAM 200 JAHRE BADISCHER KUNSTVEREIN
Assia Benhassine, Anja Casser, Sarah Degenhardt, Hubert Distel, Thilo Distel, Barbara Einig, Heidi Herzig, Diane Hillebrand, Gabi Johannson, Dominik Karle, Ann-Katrin Könning, Gesa Kolb, Christina Scheib, Lukas Schneeweiß,Sophia Stoewer, Simone Van gen Hassend, Nicholas Wells, Lisa-Kathrin Welzel, Felicitas Wetzel, Didem Yazici, Janis Zeckai

GRAFIK 200 JAHRE BADISCHER KUNSTVEREIN
Hammer, Zürich (Sereina Rothenberger & David Schatz) und Bárbara Acevedo Strange

Die Programmvorschau finden Sie hier

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